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Faserversorgung

Die Gesundheit des Verdauungstraktes, die funktionierende Verdauung und ein stabiler Stoffwechsel nehmen eine Schlüsselstellung in der Schweineproduktion ein.

So laufen z.B. etwa 70 % der Immunreaktionen im Verdauungstakt ab. Ständige Entzündungen der Magen- bzw. Darmschleimhaut schwächen die Tiere allgemein (E.Coli- Durchfall bzw. Ödemkrankheit) und sind neben den Atemwegen die Haupteintrittspforte für Krankheitserreger. In den letzten Jahrzehnten war die Fütterung von Schweinen, stark vereinfacht gesagt, auf eine Maximierung der Energie- und Nährstoffaufnahme aus dem Dünndarm fokussiert und der Dickdarm wurde eher als ein störendes Anhängsel des vorderen Darmtrakts betrachtet. Die Magen-Darm-Gesundheit ist längerfristig nur zu fördern bzw. zu sichern, wenn auch die Dickdarmflora versorgt und ihr Potential genutzt wird. Hier ablaufende Fermentationsprozesse können durch die Mischfutterstruktur und den „Fasergehalt“ ganz erheblich moduliert werden, nicht zuletzt im Sinne von Tierwohl, Lebensmittelsicherheit aber auch Verbrauchererwartung. Mangelnde Ballaststoffe im Futter können Tierwohl (Verstopfung, geringe Sättigung, Unruhe, Magen- und Darmüberladung, Magengeschwüre, MMA) und Verhalten beeinträchtigen. Schließlich bieten sich Ansätze, mit der Förderung der Darmgesundheit auch das Vorkommen von Verhaltensstörungen im Schweinebestand zu mindern (Kamphues, 2013). 

Ein wichtiger Baustein der modernen Tierernährung um die Tiergesundheit nachhaltig zu fördern

Was ist Faser?

Der Begriff der Rohfaser geht auf die Weender Analyse aus dem Jahre 1860 zurück. Mit der Bestimmung der Rohfaser kann aber nur annähernd eine Aussage über die Wirkung der Faser getroffen werden. Aus heutiger Sicht ist es in der Schweinefütterung nicht mehr ausreichend nur absolute Rohfaserwerte (lt. Weender) zu vergleichen, sondern auch die Gerüstsubstanzen ADL, ADF und NDF sowie die löslichen Anteile (z. B. Pektine) und deren ernährungsphysiologische Bedeutung zu berücksichtigen. Deshalb ist es notwendig den Begriff „Gesamtfaser” (TDF=total detergentient fibre, Ballaststoffe) zu verwenden.  

Faser = „Ballaststoffe“ = unterschiedlichste Kohlenhydrate im Futtermittel, die nicht durch körpereigene Enzyme im Dünndarm abgebaut (verdaut) werden können, sondern nur durch mikrobielle Prozesse im Dickdarm.

Im hinteren Verdauungstrakt - speziell im Dickdarm - angesiedelte Mikroorganismen können Faser teilweise fermentieren und damit sowohl einen wertvollen energetischen, als auch gesundheitsfördernden Beitrag leisten.

Zu den „Nahrungsfasern“ oder „Ballaststoffen“ zählen auch Substanzen, die man bisher als eher nachteilige Inhaltsstoffe im Futter angesehen hat, wie z.B. die Nicht-Stärke-Polysaccharide im Getreide. Bestimmte Stärken oder ähnliche Kohlenhydrate gehören mit zu den „Ballaststoffen“, die erst im Dickdarm einem Abbau und einer Nutzung unterliegen. Vor diesem Hintergrund ist es hilfreich, sich die Unterschiede am Beispiel von Getreidearten zu verdeutlichen: Unbestreitbar ist der Hafer das rohfaserreichste Getreide, für die Humanernährung gilt jedoch der Roggen als Favorit, wenn es um eine möglichst hohe Aufnahme von Ballaststoffen geht. Roggen hat besonders hohe NSP- Gehalte (insbesonders Arabinoxylane und Fructan), die leicht und nahezu vollständig im Dickdarm abgebaut und verwertet werden.

Herkunft der Faser im Futtermittel

  • Getreide (Hafer, Gerste, Weizen, Triticale, Mais …)
  • Grobfuttermittel: Heu-, Stroh-, Luzernepellets
  • Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie
    • Kleien (Nebenprodukte der Müllerei)
    • Rübenschnitte (Nebenprodukt der Zuckergewinnung)
    • Trester (Nebenprodukte der Saftproduktion)
    • Schalen (z.B. Sojabohnenschalen als Nebenprodukt der Gewinnung von Eiweiß und Öl aus Sojabohnen)
  • Lignozellulosen (Nahrungsfasern aus Holz)

Nicht jede Faserquelle wirkt im Tier auf dieselbe Weise. Sie unterscheiden sich abhängig von Herkunft, Pflanzenspezies und Vegetationsstadium hinsichtlich ihrer Faserzusammensetzung, ihrer Fermentierbarkeit sowie ihren chemisch-physikalischen Eigenschaften, wie z.B. der Wasserbindungskapazität. Vor diesem Hintergrund sind auch die Herkunft und der Einsatz von Faserträgern als Rationskomponente sehr vielfältig. Eines haben alle Fasern jedoch gemeinsam: sie passieren unverdaut den Magen und Dünndarm und erreichen somit unverändert den Dickdarm.

Wirkung von Faser

Faser …

  • … verlängert die Dauer der Futteraufnahme, wodurch die Tiere beschäftigt werden und bringt Struktur in das Futter, wodurch eine bessere Schichtung des Magenbreies erfolgt und der pH-Wert im Magen gesenkt wird. Dadurch wird eine Barriere für unerwünschte Mikroorganismen geschaffen und Magengeschwüren werden vermieden (Mageneingang vor Magensäure geschützt).
  • … verringert die Energiedichte, wodurch mehr Futter für tragende Sauen und in der Endmast gefüttert werden kann, ohne dass es zu Verfetten kommt. Gleichzeitig wird der Magen-Darm-Trakt durch das Quellvermögen der Faser voluminöser, was die Futteraufnahmekapazität in der Laktation positiv beeinflussen kann. Das Quellvermögen sorgt überdies für ein langanhaltendes Sättigungsgefühl und weniger Unruhe im Stall.
  • … fördert durch mechanische Stimulation die Darmperistaltik, die Gesundheit der Darmschleimhaut (Förderung der Enzymsekretion) und das Wachstum der Darmzotten. Dadurch kann einerseits die Nährstoffverdaulichkeit verbessert werden, andererseits wird die Passagerate im Dickdarm beschleunigt und Verstopfung vermieden sowie die Kotkonsistenz verbessert. Weiters wird durch die kürzere Verweildauer des Futters im Dickdarm und die regelmäßigere Darmentleerung das Aufsteigen/Anheften pathogener Keime verhindert.
  • … bewirkt eine Absenkung des pH-Wertes im Dickdarm, welche sich positiv auf die Darmgesundheit auswirkt und eine übermäßige Vermehrung von schadenhaften Keimen (z.B. E. Coli, Salmonellen) verhindert.
  • … trägt durch die Bildung kurzkettiger Fettsäuren bei der Fermentation von löslichen Faserquellen zur Energiegewinnung bei, wodurch eine physiologische Sättigung erreicht werden kann. Bei der Fermentation löslicher Faserbestandteile entstehen Milchsäure und kurzkettige Fettsäuren, wie Essig-, Propion- und Buttersäure, die im Dickdarm resorbiert werden und dem Tier direkt als Energie zur Verfügung stehen. Ca. 90 Prozent der hier gebildeten Fettsäuren werden aus dem Dickdarm in das Tier aufgenommen, die restlichen 10 Prozent gehen mit dem Kot verloren. Ein Schwein kann bis zu 25% des Erhaltungsenergiebedarfs durch die Fermentation von Ballaststoffen im Dickdarm decken. Der große Vorteil ist dabei die Zeitverzögerung, mit der die Energie aus der Fermentation bereitgestellt wird. Die enzymatischen Verdauung im Dünndarm stellt Energie bis zu fünf Stunden nach der Futteraufnahme zur Verfügung, während die Fermentationsprodukte aus dem Dickdarm über einen Zeitraum von 24 Stunden bereitgestellt werden.

Bei der richtigen Wahl der Faser kann somit ein Plus an Nährstoffverdaulichkeit, Leistungsfähigkeit, Tiergesundheit und schlussendlich Tierwohl verzeichnet werden.

Lösliche und unlösliche Faser

In der Tierernährung spricht man von löslicher (= im Dickdarm fermentierbarer) und unlöslicher (= im Dickdarm nicht fermentierbarer) Faser.

Unlösliche Faserbestandteile unterstützen die pH-Wert Absenkung im Magen, sorgen für ein Sättigungsgefühl, fördern die Darmkontraktion und beschleunigen die Passagerate, wodurch es zu einer schnelleren und regelmäßigeren Darmentleerung kommt und pathogene Bakterien nicht aus dem Darm „aufsteigen“ können.

Lösliche Faserbestandteiledienen als Nahrung für Dickdarmbakterien und die physiologische Sättigung. Bei der Fermentation löslicher Faserbestandteile entstehen Milchsäure und kurzkettige Fettsäuren, wie Essig-, Propion- und Buttersäure, die im Dickdarm resorbiert werden und dem Tier direkt als Energie zur Verfügung stehen.

Lösliche Faserbestandteile

Unlösliche Faserbestandteile

z. B. in Trockenschnitzeln, Sojaschalen, Apfeltrester

z. B. in Kleien, Luzerne, Sonnenblumenschalen, Lignocellulose, Stroh

  • Darmpassagerate wird verringert
  • Bildung kurzkettiger Fettsäuren durch Fermentation  Energieversorgung und physiologische Sättigung (bis 24h später)
  • Durch die Bildung kurzkettiger Fettsäuren pH-Wert Absenkung im Darm, Verdrängung pathogene Keime (E.Coli)
  • Nahrung für Dickdarmbakterien
  • Wirken wie Prebiotika, da sie gute Bakterienstämme (Lactobazillen, Bifido-Stämme) im Darm fördern
  • Gute Fermentierbarkeit
  • Viskosität des Futterbreis im Dünndarm erhöht sich bei zu hohem Anteil löslicher Faser, sodass Nährstoffe schlechter resorbiert werden können
  • Trockenmasse im Kot verringert sich
  • Höhere Darmpassagerate → schnellere und regelmäßigere Darmentleerung → verhindert aufsteigen pathogener Keime
  • Strukturgebend, Beschäftigung
  • Futtervolumen, Sättigungsgefühl → mechanische Sättigung
  • Bessere Schichtung des Futterbreies im Magen → pH-Wert Absenkung, Vermeidung von Magengeschwüren
  • Höhere Verweildauer im Magen
  • Auflockerung des Verdauungsbreies, verdaulichkeitsfördernd
  • Schlechte Fermentierbarkeit
  • Stimulieren Darm und Darmwand (Darmperistaltik)
  • Trockenmasse im Kot erhöht sich

Schichtung im Magen

Das linke Bild zeigt eine gute Schichtung des Futterbreies durch genügend Faser und Struktur im Futter. Es findet eine effektive pH-Wert-Absenkung statt und durch die Laktobazillen steigt die Milchsäureproduktion, während pathogene Erreger verdrängt werden. Die „Magenbarriere“ funktioniert besser und oral aufgenommene Pathogene werden überwiegend schon im Magen abgetötet. Das rechte Bild zeigt einen eher flüssigen Mageninhalt durch zu fein vermahlenes Futter, wodurch keine Schichtung möglich ist und der pH-Wert einheitlich bleibt. In diesem Milieu befinden sich kaum Laktobazillen und schädlichen Erregern wird mehr Platz geboten.

Exkurs Struktur

Die „Struktur“ im Futter von Schweinen kennzeichnet nur die vorliegenden Partikelgrößen und deren Verteilung, die man über eine Siebung quantifiziert. Eine weniger intensive Vermahlung muss nicht zu Einbußen in der Verdaulichkeit des Futters führen. Das Getreide sollte als „Strukturlieferant“ gesehen und genutzt werden, während die Proteinfuttermittel im Sinne einer effizienten Verwertung schon deutlich feiner vermahlen sein sollten.

Quellvermögen/Wasserhaltekapazität

Je mehr Wasser eine Komponente halten kann, desto stärker ist ihre Quellfähigkeit. Bei Einsatz eines Futtermittels mit einem hohen WHC-Wert („water holding capacity“-Wert) kann eine stärkere Füllung des Magen-Darm-Traktes beim Schwein erzielt werden → mechanische Sättigung → Ruhe

Diese physikalische Eigenschaft ist je nach Faser unterschiedlich zu bewerten:

  • Rübenschnitzel haben das größte Quellvermögen (9-fache Ausdehnung) und eine ausgeprägte Wasserbindungsfähigkeit
  • Apfeltrester, Sojaschalen und Lignocellulosen sind ebenfalls quellfähige Faserträger mit hoher Wasserbindungskapazität

Bei der Auswahl der Faserquelle sollten immer die ernährungsphysiologischen Hintergründe (Löslichkeit, XF-Gehalt, Quellvermögen etc.) und der mögliche Eintrag an Mineralstoffen bedacht werden. Hohe Anteile an Trockenschnitte beispielsweise können den Kot schmierig machen. Außerdem liefert sie hohe Calcium- und Kaliummengen, was vor allem in der Fütterung von tragenden Sauen berücksichtig werden sollte, um nicht überzuversorgen. Weizenkleie wiederum verfügt über einen hohen Phosphorgehalt. Diese Eigenschaften gilt es bei der Rezepturgestaltung zu berücksichtigen, wodurch sich Einsatzobergrenzen ergeben. Weiters ist bei den eingesetzten Futtermitteln auf mikrobiologische Unbedenklichkeit (MYKOTOXINE!!!) zu achten.

Mast

Die Folgen zu geringer Rohfasergehalte im Futter (< 3%) und zu fein vermahlener Struktur sind oftmals Unruhe, verminderte Leistungen und Magengeschwüre. Gerade in der Mast ist die Erhöhung des Fasergehaltes ein echter Problemlöser. Mit reinen Mais/Soja/Mineralfutter-Rationen werden nur knapp 25 g Rohfaser pro kg Futter erreicht. Folgen sind oftmals Unruhe, Kannibalismus und dadurch verminderte Leistungen und/oder Ausfälle. Die primäre Ursache wird oft nicht erkannt. Durch einen höheren Faseranteil in der Ration kann je nach Faserquelle eine mechanische und/oder eine physiologische Sättigung erreicht werden, wodurch mehr Ruhe im Stall herrscht. Weiters sind in diesem Zusammenhang Magengeschwüre zu nennen. Ausgelöst werden diese unter anderem durch zu geringe Fasergehalte und zu fein vermahlenes Futter. Zu feines Futter führt zu einer vermehrten Durchmischung des Nahrungsbreis im Magen, die Funktionalität des Magens geht verloren und es kommt zu einer Übersäuerung am Mageneingang. Durch den Einsatz löslicher Fasern wird eine physiologische Sättigung erreicht und es werden kurzkettige Fettsäuren (z.B. Buttersäure) bei der Fermentation im Dickdarm gebildet, die sich positiv auf die Darmgesundheit (prebiotisch) auswirken. Gleichzeitig dienen die gebildeten Fettsäuren zur Energieversorgung. Unlösliche Fasern sorgen für eine mechanische Sättigung und fördern die Darmkontraktion, wodurch der Futterbrei kontinuierlich Richtung Ausgang transportiert wird. Mit dem Kot werden nicht nur die unverdaulichen Futterbestandteile, sondern auch z.B. Colibakterien ausgeschieden.

Achtung bei PIA- und Dysenterieproblemen

Hier gilt besondere Vorsicht bei der Auswahl der Faserquelle. Hohe Anteile an löslicher Faser sind direkt Substrat und fördern das Wachstum krankmachender Keime. Pathogene Mikroorganismen (z.B. Serpulina hyodysenteriae, der Erreger von Dysenterie) nutzen die leicht löslichen und schnell fermentierbaren Fasern als Nahrungsquelle. Unlösliche Faser wiederum dient krankmachenden Bakterien nicht als Futtergrundlage, regt die Verdauung an und erhöht die Passagerate, wodurch das Aufsteigen pathogener Keime verhindert werden kann.

→ Mastschweine: Vermeidung von Unruhe & Unterstützung der Darmgesundheit: Lösliche Faser → Energieversorgung & physiologische Sättigung; unlösliche Faser → mechanische Sättigung & schnellere, regelmäßigere Darmentleerung → verhindert aufsteigen pathogener Keime

Exkurs Struktur

Die „Struktur“ im Futter von Schweinen kennzeichnet erst einmal nur die vorliegenden Partikelgrößen und deren Verteilung, die man über eine Siebung quantifiziert. Eine weniger intensive Vermahlung muss nicht zu Einbußen in der Verdaulichkeit des Futters führen. Das Getreide sollte als „Strukturlieferant“ gesehen und genutzt werden, während die Proteinfuttermittel im Sinne einer effizienten Verwertung schon deutlich feiner vermahlen sein sollten.

Zuchtsauen

Besonders in der Zuchtsauenfütterung ist auf eine optimale Faserzusammensetzung großer Wert zu legen. Während der Trächtigkeit gilt es ein Verfetten der Sauen zu vermeiden, aber dennoch die Futteraufnahmekapazität als Vorbereitung auf die Säugezeit zu trainieren. Ein höherer Fasergehalt senkt die Energiedichte der Ration, wodurch das Risiko für fette Sauen bei der Geburt reduziert werden kann (Achtung, Energiegehalt von Fasermischungen nicht unterschätzen!) und es zu weniger Geburtsschwierigkeiten kommt. Quellfähige Faserkomponenten weiten den Magen-Darm-Trakt aus und ermöglichen eine höhere Futteraufnahme in der Laktation, was eine Voraussetzung für hohe Milch- und Absetzleistungen ist. Durch die mechanische und physiologische Sättigung erfolgt ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl und es herrscht mehr Ruhe und weniger Stress im Wartestall. Neben der Sättigung soll durch die Faser die Darmtätigkeit angeregt und somit die Darmpassagerate erhöht werden. Speziell um die Geburt gilt es durch unlösliche Fasern die Darmperistaltik anzuregen und die Verdauung „in Gang” zu halten, um Verstopfungen und das Aufsteigen von pathogenen Keimen aus dem Dickdarm zu verhindern → MMA-Risiko!!! Gleichzeitig wird durch die Fermentation löslicher Fasern und die dabei entstehenden kurzkettigen Fettsäuren Energie für die Geburt zur Verfügung gestellt und ein stabiles Blutglukoselevel erreicht. Für die Sau bedeutet diese zusätzliche Energie im geburtsnahen Zeitraum die Reduzierung von Hunger - und damit Stress – und vor allem zusätzliche Energie für den Geburtsprozess. Dies wiederum führt zu schnelleren Geburten und so zu einer höheren Überlebensrate der Ferkel.

Achtung: bei einem zu hohen Anteil an leicht löslichen Fasern kann der Kot schmierig werden, da im Dickdarm aus dem zähen Brei nicht genug Wasser entzogen wird.

→ Sauen: Mischung löslicher & unlöslicher Faser → Energieversorgung & Kotkonsistenz & Darmtätigkeit & Vermeidung von MMA

Ferkel

Üblicherweise kommen in der Ferkelfütterung hohe Protein- und Energiegehalte bei gleichzeitig relativ geringem Faseranteil (~ 4% XF) zum Einsatz. Rohfaseranteile ab 5% bringen vor allem zwei Vorteile: mehr Ruhe im Stall und Unterstützung bei der Entwicklung eines gesunden Darms.

Beim Absetzen und in der Ferkelaufzucht steht ganz klar die Durchfallvorbeuge im Vordergrund. Die Wirkung der Faser beginnt bereits in der Mundhöhle durch die Anregung des Speichelflusses. Weiters erhöht unlösliche Faser die Verweildauer des Futterbreis im Magen und führt somit zu einer besseren Magendurchsäuerung als optimale Vorbereitung für die eigentlichen Verdauungsprozesse im Dünndarm. Unlösliche Fasern stabilisieren das Wachstum der Darmzotten und unterstützen die Darmfunktionen, da sie einen positiven Einfluss auf das sich langsam entwickelnde Verdauungssystem mit Darmwänden, Darmzotten und Enzymen haben. Sie haben positive Effekte auf die Darmperistaltik, wodurch der Futterbrei kontinuierlich Richtung Ausgang transportiert wird. Mit dem Kot werden nicht nur die unverdaulichen Futterbestandteile, sondern auch Pathogene wie z.B. Colibakterien, ausgeschieden. Nicht zu vernachlässigen ist aber auch der Beitrag an löslicher Faser zur Energieversorgung. Durch Fermentationsvorgänge im Dickdarm kann zusätzliche Energie bereitgestellt und eine physiologische Sättigung erreicht werden.

  • beim Absetzferkel mit löslicher/fermentierbarer Faser aufpassen!

Unlösliche Faser wird bei Absetzferkeln bevorzugt, da diese die Passagerate erhöhen und dadurch pathogene Bakterien gehemmt bzw. schneller ausgeschieden werden. Der Verdauungstrakt von Absetzferkeln ist noch nicht auf große Mengen löslicher Faser vorbereitet und die Kapazität Faser zu fermentieren noch sehr gering, dadurch profitieren Absetzferkel von der löslichen Faser kaum. Durch zu viel lösliche Faser wird die Viskosität des Darminhaltes erhöht und somit die Passagerate verkürzt, wodurch die Menge an unverdauten Nährstoffen steigt und sich pathogene Keime im Dickdarm vermehren. Dadurch kann sich das Durchfallrisiko erhöhen.

Die Verdaulichkeit von Faserstoffen, d.h. schwer verdauliche Kohlenhydrate ist bei Schweinen sehr stark altersabhängig. Auch der Verdauungstrakt des Schweins entwickelt sich mit steigendem Alter. Ältere Schweine können die Faser im Zuge der Fermentation im Dickdarm, der Gärkammer des Schweines, besser nutzen als junge Schweine. Mit zunehmendem Alter und Gewicht des Tieres steigt die Verdaulichkeit kontinuierlich an (steigende Enzymtätigkeit).

In der Aufzucht kann der Einsatz löslicher Fasern aber nützlich sein, um die Darmgesundheit und -entwicklung zu fördern. Etwa 14 Tage nach dem Absetzen kann sich die Nutzung von löslicher, fermentierbarer Faser positiv auf die Darmmikrobiota auswirken → Produktion von kurzkettigen Fettsäuren (besonders Buttersäure) → pH-Absenkung, Energieversorgung, Wirkung wie Prebiotika.

→ Absetzferkel: Unlösliche Faser → Darmgesundheit, pH-Wert-Absenkung, Passagerate, Ausscheiden pathogener Keime; Aufzuchtferkel: lösliche & unlösliche Faser → Ruhe & Darmentwicklung

BIOMIN Rohfaserempfehlungen

  • Absetzfutter: > 4% Rohfaser
  • Absetzfutter (Diätfutter): > 5% Rohfaser
  • Ferkelaufzucht: > 3,5% Rohfaser
  • Mast: > 3,5% Rohfaser
  • JS-Aufzucht: > 4,5% Rohfaser
  • Tragend: > 6% Rohfaser
  • Geburtsvorbereitung: > 4% Rohfaser
  • Säugend: > 4,5% Rohfaser
Quellen

Dr. Saara Sander (2016): Einfluss der Fütterung auf den gesunden Darm. Institut für Tierernährung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Präsentation

Prof. Dr. Mechthild Freitag (2017): Jahresbericht Erzeugerring Wastfalen

Dr. Christine Potthast (2017): Welche Faser für Huhn und Schwein? Proteinmarkt

Prof. Dr. Petra Wolf (2016): Allzweckwaffe Rohfaser. TopAgrar.

Svenja Plöger (2011): Die kurzkettige Fettsäure Butyrat stabilisiert die epitheliale Barrierefunktion des Darmes durch HNF-4a-abhängige Herabregulierung der Claudin-2-Expression. Dissertation)

Puntigam, R. & Slama, J. (2020): Faser nie verdaulich – Eiweiß stets hoch verdaulich? Biomintagung 2020

Dr. Gerhard Stalljohann (2015): Raufutter in der Schweinefütterung. Proteinmarkt.

Puntigam, R. & Slama, J. (2018): Faser ist nicht gleich Faser? Landwirt-Media.

Dr. Gerhard Stalljohann (2014): Faser neu bewerten! SUS.

J. Kamphues (2020): Einflüsse der FUTTERSTRUKTUR bzw. FASER auf die Magen-Darm-Gesundheit von Schweinen

Dr. Christine Potthast (2019): Faserergänzung für die Sau - mehr als Vorbeugen von Verstopfungen

Jenkins S. N., Waite I. S., Mansfield J., Kim J. C., Pluske J. R. (2015): Relationships between diets different in fibre type and content with growth, Escherichia coli shedding, and faecal microbial diversity after weaning. Animal Production Science 55, 1451-1451.

Lfl Bayern

Menegat, Mariana B., Robert D. Goodband, Joel M. DeRouchey, Mike D. Tokach, Jason C. Woodworth, and Steve S. Dritz (2019) Kansas State University Swine Nutrition Guide: Fiber in Nursery Diets.

Jha, R., & Berrocoso, J. D. (2015). Review: Dietary fiber utilization and its effects on physiological functions and gut health of swine. Animal : an international journal of animal bioscience9(9), 1441–1452. https://doi.org/10.1017/S1751731115000919

Molist, F. (2016): Improving nutritional value of high NSP diets to pigs. Huvepharma congress Porto 2016.